Ihr Lieben,
ich muss es gestehen, eigentlich wollte ich ja Eisschnelläufer
werden. Mit Sicherheit wäre ich dann 1980 in Lake Placid oder
1984 in Sarajewo bei den Olympischen Winterspielen übers Eis
und auch über eure TV-Bildschirme gesprintet - viel hätten
wir dann von einander allerdings nicht gehabt!
Aber kaum auf den langen Kufen die ersten Runden halbwegs bestanden,
kam 1976 eine Schulaufführung dazwischen, die mich den Eissprint
für viele Jahre vergessen lassen sollte. Und eigentlich war
ich ja nur eingesprungen für einen erkrankten Mitschüler.
Also, was sollte das denn sein, eine "getanzte Charade"?.
Ich als Absolvent der Tanzschule Krehn zu Düsseldorf hatte
mich ja schon in Rumba, Jive und Foxtrot bewährt, aber eine
Charade?!
Eigentlich gar nicht so schwer, denn es wurde mit wenigen pantomimischen
Gesten und einer einfachen, an Square-Dance erinnernden, Choreographie,
das getanzt, was der Schulchor im Hintergrund volltönend schmetterte.
Fragt mich nicht, was und wie es war, aber die anfänglich
obskure Charade stellte sich als Highlight des Abends heraus und
musste als Zugabe noch einmal herhalten!
Zum ersten mal dieser Applaus, die Glückwünsche und natürlich
die Pläne, beim nächsten Schulkonzert wieder etwas mitzugestalten!
Leider wurde nichts daraus, denn es kamen 1977 die ersten Punk-Singles
und mein Coming-Out dazwischen ...
... aber vielleicht war es ja gerade diese "Aufbruchstimmung"
Ende der 70er Jahre, das Gefühl, alles machen zu können,
ob nun mit oder ohne Ausbildung.
Was die Sex Pistols oder Ramones mit drei bis vier Schrammelakkorden
zu Wege brachten, das sollte ich doch auch können - hier ein
Strohhut, da eine Weste, etwas Clownweiss, Kajal und möglichst
dunkelroter Lippenstift!
Anfänglich ganz im Stile von Joel Grey (dem Confrencier aus
"Cabaret") kultivierte ich die Idee (Charade lässt
grüßen!) Songs von Steve Harley, Deaf School, Roxy Music
und Queen, via Playback, pantomimisch aufzuführen.
Damals war die Idee, Pop-Songs schauspielerisch zu interpretieren,
ohne dabei den betreffenden Künstler zu immitieren, noch ziemlich
unüblich. (Heute ist dies ja in der weiterentwickelten Form
der Musik-Videos für fast alle Musiksparten obligatorisch!)
Mit Michael Weinreich und Kurt Flamang gründete ich 1978 mein
erstes Show-Ensemble mit dem Namen "Pastiche", was soviel
wie "Sammelsurium" bedeutet, denn unser Programm strotzte
nur so von Stilbrüchen: mit dabei Schlager aus "Cabaret",
Daliah Lavis "Lieben Sie Parties" (Kurt als Party-Löwin
unvergessen!), sowie Songs von den Boomtown Rats und Ultravox oder,
die für deutsche Verhältnisse damals noch recht unbekannten
Hits aus der "Rocky-Horror-Picture-Show".
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